Earthships – autarke Häuser aus recyceltem Material

Earthships sind autarke Häuser aus recyceltem Material. Dieser Artikel behandelt den Ursprung, das Prinzip und die Entwicklung von Eartships in Deutschland.

Welche Architekten haben sich auf Wiederverwendung und das Bauen mit Recyclingmaterial spezialisiert?

Zunächst soll hier die Arbeit von Michael Reynolds vorgestellt werden. Dieser revolutionäre amerikanische Architekt schloss 1969 sein Studium an der Universität von Cincinnati ab und wurde von Fernsehnachrichten über das Müllproblem und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum inspiriert. Bereits 1971 baute er ein Haus aus leeren Bierdosen und gilt seitdem als Pionier der Müllhausidee.

 

Einführung in Earthships

Diese entwickelte er zu den „Earthships“ weiter und gründete das Unternehmen Earthship Biotecture. Seine Earthships bieten den Menschen die Möglichkeit, im Einklang mit der Umwelt zu leben und wurden bereits auf der ganzen Welt gebaut.

„Stellt euch ein Haus vor, dass sich selbst heizt, sein eigenes Wasser liefert, sein eigenes Essen produziert. Stellt euch vor, es braucht keine teure Technologie, recycelt seinen eigenen Abfall, hat seine eigene Energiequelle. Und jetzt stellt euch vor, es kann überall und von jedem gebaut werden, aus Dingen, die unsere Gesellschaft wegwirft.“

– Architekt Michael Reynolds

Mit seiner Konzeption und den grundlegenden Gestaltungsprinzipien vereint Reynolds die “sechs menschlichen Bedürfnisse für ein harmonisches Leben auf der Erde“ (Food, Energy, Clean Water, Shelter, Garbage management, Sewage treatment).

Die holistischen Designprinzipien „Earthship Basics“ ©Earthship Biotecture

Designs von Earthships

Reynolds Unternehmen hat verschiedene Earthship-Designs entworfen. Bei dem Global Earthship handelt es sich um Häuser, die in jeder Klimazone fähig sind, nur so viel Energie zu verbrauchen wie sie produzieren – sozusagen Nullenergiehäuser, die mit geringstem Kostenaufwand errichtet wurden. Es zeichnet sich durch seine doppelte Verglasung aus.

Das Simple Survival Earthship wurde als Katastrophenhilfe entwickelt. Es bietet Schutz und versorgt die Nutzer mit sauberem Wasser sowie Licht, welches durch Solarenergie gewonnen wird. Das Konzept wurde bereits bei mehreren humanitären Einrichtungen auf der ganzen Welt angewandt.

Ein weiteres Design stellt das Hut-Earthship dar. Hierbei werden zwei Module durch ein geneigtes Gewächshaus verbunden.

Natürlich können sich Kunden ihr Earthship auch individuell zusammenstellen. Das große Potenzial der Earthships liegt nämlich in der Anpassungsfähigkeit. So können regionaltypische Bauweisen und Materialien einbezogen werden.

Das Simple Survival Earthship wurde als Katastrophenhilfe entwickelt. Es bietet Schutz und versorgt die Nutzer mit sauberem Wasser sowie Licht, welches durch Solarenergie gewonnen wird. Das Konzept wurde bereits bei mehreren humanitären Einrichtungen auf der ganzen Welt angewandt.

An der Südseite des Gebäudes befinden sich großflächige Fenster, sodass sich Boden und Wände tagsüber erwärmen können. Wenn die Lufttemperatur in den Abendstunden unter die gespeicherte Wandtemperatur sinkt, geben diese die Wärme an den Raum ab.

Einige Erdschiffe, insbesondere solche, die in kälteren Klimazonen gebaut wurden, verwenden isolierte Beschattungen an der solarorientierten Wand, um den Wärmeverlust während der Nacht zu verringern.

Um von den Strom-, Öl- und Gaslieferanten unabhängig zu sein, wird die Sonnen- und Windenergie genutzt. Die gewonnene Energie wird in „Power Organizing Modules“ (POM) gespeichert. Als POM werden leistungsstarke Batterien bezeichnet, die die Energie zwischenspeichern, weiterleiten und ggf. auch in Wechselstrom transformieren, wie es beispielsweise für den Betrieb von Computern oder Waschmaschinen erforderlich ist. Falls der Wechselrichter ausfallen sollte, bleiben die mit Gleichstrom versorgten Beleuchtungselemente weiterhin funktionstüchtig.

Auch Regenwasser und Schnee werden genutzt. Vorübergehend wird das daraus gewonnene Wasser in Zisternen aufbewahrt, anschließend durch ein Filtersystem gereinigt und von dort zu einem Solarwarmwasserbereiter bzw. einem Druckbehälter transportiert, wo es für die Wasserversorgung zur Verfügung steht. Durch eine Filterung wird das Grauwasser von Verschmutzungen befreit und wird anschließend für die Bewässerung von Pflanzbeeten wiederverwendet. Nachdem es dort durch die Erde gesickert ist, wird es aufgefangen und erneut gereinigt, sodass es als Toilettenspülung dient. Das mit Fäkalien belastete Schwarzwasser wird in eine Klärgrube geleitet, wo es eine bakterielle Reinigung durchläuft und anschließend für die Bewässerung genutzt werden kann.

Die Glasfassade an der Südseite des Hauses bietet optimale Bedingungen für den Anbau und die Ernte von eigenen Bio-Lebensmitteln.

Earthships in Deutschland

Aufgrund der europäischen Regelung, dass recyceltes Wasser nicht als Trinkwasser verwendet werden darf, ist hier der Anschluss an das städtische Wassernetz erforderlich. Derartiges Wasser darf lediglich für die Toilettenspülung oder für die Waschmaschine verwendet werden. Demzufolge können Earthships in Europa nicht vollkommen autark funktionieren.

Auch aufgrund der unterschiedlichen Klimaverhältnisse im Vergleich zu New Mexico (z.B. Kälte, Feuchtigkeit) sind schon mehrere Earthship-Projekte in Mitteleuropa gescheitert. Das Earthship in Tempelhof (Baden-Württemberg) wurde darum an die örtlichen Gegebenheiten angepasst und vom Architekten Ralf Müller (Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut) wissenschaftlich begleitet.

Zivilisationsmüll als Baumaterial wiederverwenden: wie nachhaltig ist das wirklich?

Die Idee, Abfälle wie Bierdosen und Glasflaschen als Baumaterial zu verwenden, hat in den USA und Anfang der 70er Sinn gemacht: es gab keine andere Verwendung für dieses Material. In Europa könnten sie aber in vielen Kommunen den städtischen Rücknahmesystemen (optimal: Aluminium-, Glasaufbereitung) zugeführt werden. Auch die Nutzung von z.B. Styropor und Autoreifen ist im nachhaltigen Bau umstritten (weil erdölbasiert). Bei der Auswahl der Baumaterialien folgt die Philosophie der Earthships dem Upcycling-Gedanken und verlängert die Nutzungsphase der eingesetzten Bauteile.

„[…] Wie viel graue Energie steckt in meinen Bauprodukten drin? Letztendlich ist es immer besser, ich kann etwas länger nutzen, als es wieder neu zu erstellen […]“

– Architekt Ralf Müller im crashZINE Podcast #46

 

Ziel der Erdschiffe ist, die Umwelteinwirkungen entlang des gesamten Lebenszyklus des Hauses zu minimieren: während des Baus, der Zeit in der es bewohnt werden kann und auch des Abrisses. Betrachtet man das Lebensende eines Earthship-Hauses, bleibt wahrscheinlich „ein Haufen Müll“ übrig. Aus Sicht des kreislaufgerechten Bauens ist die Möglichkeit der Wiederverwendung der eingesetzten Bauteile besonders wichtig. Der hier anfallende gemischte Bauabfall wäre zu einem Großteil jedoch bereits vor dem Bau angefallen, hat noch ein Zuhause abgegeben und den Einsatz neuer Ressourcen reduziert!

Obwohl wir zur Möglichkeit des selektiven Rückbaus und der Wohngesundheit dieser Recyclinghäuser leider keine Erfahrungswerte finden konnten, halten wir das Konzept für eine valide Alternative zum herkömmlichen Bauen und in jedem Fall für eine mit erschwinglichen Mitteln umsetzbare Inspiration! Vielleicht werden ja die ein oder anderen Earthshiparchitekten auf www.restado.de fündig.


Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung von Anne Kluge und Nora Vogelsteller in Teilen aus der Magazinreihe “THIS IS TOMORROW! – Perspektiven einer nachhaltigen Zukunft” (Ausgabe 5: “Protagonisten”) übernommen. Diese ist im Rahmen des Moduls Baukonstruktion IV – Nachhaltigkeit Neu Denken 2.0 an der TU Dresden im Sommersemester 2020 entstanden.

Weiterführende Links

  • “Earthship Tempelhof – Deutschlands nachhaltigstes Bauprojekt”, 26.08.2017, W wie Wissen, Das Erste (5min Video)
  • Werbefilm Earthships (2min Video)
  • Podcast mit Earthship-Architekt Ralf Müller (10min Audio)
  • Earthship Schloss Tempelhof (Gemeinschaftsprojekt)

Ein weiteres Design stellt das Hut-Earthship dar. Hierbei werden zwei Module durch ein geneigtes Gewächshaus verbunden.

Natürlich können sich Kunden ihr Earthship auch individuell zusammenstellen. Das große Potenzial der Earthships liegt nämlich in der Anpassungsfähigkeit. So können regionaltypische Bauweisen und Materialien einbezogen werden.

Das Hut-Earthship besteht aus zwei Earthship-Modulen. Das Raumprogramm der Earthships kann beliebig erweitert werden. ©Earthship Biotecture

Prinzip und Funktionsweise von Earthships

Grundsätzlich werden alle Earthships aus natürlichen und recycelten Materialien erbaut. Der Erfinder ist besonders von der Dämmfähigkeit von Autoreifen überzeugt. So kommen die „Gummi-Ziegel“ beispielsweise als Grundmauer zum Einsatz. Entsprechend der Klimazone können darin Kühl- bzw. Heizelemente verbaut werden. Drei Seiten des Hauses sollen von derartigen Wänden umgeben sein.

Bierdosen und Autoreifen im Bau wiederverwendet ©Earthship Biotecture

An der Südseite des Gebäudes befinden sich großflächige Fenster, sodass sich Boden und Wände tagsüber erwärmen können. Wenn die Lufttemperatur in den Abendstunden unter die gespeicherte Wandtemperatur sinkt, geben diese die Wärme an den Raum ab.

Die solarorientierte Wand sollte so abgewinkelt sein, dass sie senkrecht zum Licht der Wintersonne steht. Dies ermöglicht eine maximale Exposition im Winter, wenn Wärme benötigt wird, und eine geringere Exposition im Sommer, wenn Hitze vermieden werden soll. ©Earthship Biotecture

Einige Erdschiffe, insbesondere solche, die in kälteren Klimazonen gebaut wurden, verwenden isolierte Beschattungen an der solarorientierten Wand, um den Wärmeverlust während der Nacht zu verringern.

Um von den Strom-, Öl- und Gaslieferanten unabhängig zu sein, wird die Sonnen- und Windenergie genutzt. Die gewonnene Energie wird in „Power Organizing Modules“ (POM) gespeichert. Als POM werden leistungsstarke Batterien bezeichnet, die die Energie zwischenspeichern, weiterleiten und ggf. auch in Wechselstrom transformieren, wie es beispielsweise für den Betrieb von Computern oder Waschmaschinen erforderlich ist. Falls der Wechselrichter ausfallen sollte, bleiben die mit Gleichstrom versorgten Beleuchtungselemente weiterhin funktionstüchtig.

Auch Regenwasser und Schnee werden genutzt. Vorübergehend wird das daraus gewonnene Wasser in Zisternen aufbewahrt, anschließend durch ein Filtersystem gereinigt und von dort zu einem Solarwarmwasserbereiter bzw. einem Druckbehälter transportiert, wo es für die Wasserversorgung zur Verfügung steht. Durch eine Filterung wird das Grauwasser von Verschmutzungen befreit und wird anschließend für die Bewässerung von Pflanzbeeten wiederverwendet. Nachdem es dort durch die Erde gesickert ist, wird es aufgefangen und erneut gereinigt, sodass es als Toilettenspülung dient. Das mit Fäkalien belastete Schwarzwasser wird in eine Klärgrube geleitet, wo es eine bakterielle Reinigung durchläuft und anschließend für die Bewässerung genutzt werden kann.

Die Glasfassade an der Südseite des Hauses bietet optimale Bedingungen für den Anbau und die Ernte von eigenen Bio-Lebensmitteln.

Earthships in Deutschland

Aufgrund der europäischen Regelung, dass recyceltes Wasser nicht als Trinkwasser verwendet werden darf, ist hier der Anschluss an das städtische Wassernetz erforderlich. Derartiges Wasser darf lediglich für die Toilettenspülung oder für die Waschmaschine verwendet werden. Demzufolge können Earthships in Europa nicht vollkommen autark funktionieren.

Auch aufgrund der unterschiedlichen Klimaverhältnisse im Vergleich zu New Mexico (z.B. Kälte, Feuchtigkeit) sind schon mehrere Earthship-Projekte in Mitteleuropa gescheitert. Das Earthship in Tempelhof (Baden-Württemberg) wurde darum an die örtlichen Gegebenheiten angepasst und vom Architekten Ralf Müller (Lehrstuhl für Bauphysik der Universität Stuttgart in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut) wissenschaftlich begleitet.

Zivilisationsmüll als Baumaterial wiederverwenden: wie nachhaltig ist das wirklich?

Die Idee, Abfälle wie Bierdosen und Glasflaschen als Baumaterial zu verwenden, hat in den USA und Anfang der 70er Sinn gemacht: es gab keine andere Verwendung für dieses Material. In Europa könnten sie aber in vielen Kommunen den städtischen Rücknahmesystemen (optimal: Aluminium-, Glasaufbereitung) zugeführt werden. Auch die Nutzung von z.B. Styropor und Autoreifen ist im nachhaltigen Bau umstritten (weil erdölbasiert). Bei der Auswahl der Baumaterialien folgt die Philosophie der Earthships dem Upcycling-Gedanken und verlängert die Nutzungsphase der eingesetzten Bauteile.

„[…] Wie viel graue Energie steckt in meinen Bauprodukten drin? Letztendlich ist es immer besser, ich kann etwas länger nutzen, als es wieder neu zu erstellen […]“

– Architekt Ralf Müller im crashZINE Podcast #46

Ziel der Erdschiffe ist, die Umwelteinwirkungen entlang des gesamten Lebenszyklus des Hauses zu minimieren: während des Baus, der Zeit in der es bewohnt werden kann und auch des Abrisses. Betrachtet man das Lebensende eines Earthship-Hauses, bleibt wahrscheinlich „ein Haufen Müll“ übrig. Aus Sicht des kreislaufgerechten Bauens ist die Möglichkeit der Wiederverwendung der eingesetzten Bauteile besonders wichtig. Der hier anfallende gemischte Bauabfall wäre zu einem Großteil jedoch bereits vor dem Bau angefallen, hat noch ein Zuhause abgegeben und den Einsatz neuer Ressourcen reduziert!

Obwohl wir zur Möglichkeit des selektiven Rückbaus und der Wohngesundheit dieser Recyclinghäuser leider keine Erfahrungswerte finden konnten, halten wir das Konzept für eine valide Alternative zum herkömmlichen Bauen und in jedem Fall für eine mit erschwinglichen Mitteln umsetzbare Inspiration! Vielleicht werden ja die ein oder anderen Earthshiparchitekt*innen auf www.restado.de fündig.


Dieser Artikel wurde mit freundlicher Genehmigung von Anne Kluge und Nora Vogelsteller in Teilen aus der Magazinreihe “THIS IS TOMORROW! – Perspektiven einer nachhaltigen Zukunft” (Ausgabe 5: “Protagonisten”) übernommen. Diese ist im Rahmen des Moduls Baukonstruktion IV – Nachhaltigkeit Neu Denken 2.0 an der TU Dresden im Sommersemester 2020 entstanden.

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